„Der digitale Wandel wird den Kundenservice der Krankenkassen revolutionieren!“
Düsseldorf, den 20. Januar 2020
Dipl. Ing. Volker Keim hat 2010 die hc:VISION mitgegründet und ist als CTO zusammen mit seinem Team maßgeblich für die hohe technologische Lösungskompetenz – und damit für den Gesamterfolg des Unternehmens verantwortlich.
Wir sprachen mit Volker Keim über zehn Jahre hc:VISION, die Erfolgsfaktoren der Zukunft und seine Vision für ein modernes Gesundheitswesen.
Die hc:VISION feiert in diesem Jahr ihr zehnjähriges Bestehen. Sie haben im wahrsten Sinne des Wortes die Entwicklung des Unternehmens als Technologiechef und Gesellschafter geprägt. Wie sieht Ihr Fazit nach knapp zehn Jahren hc:VISION aus?
Volker Keim: Ich glaube, dass wir uns in einem nicht immer ganz einfachen Umfeld recht gut geschlagen haben. Heute sind wir eine etablierte Marke in der gesetzlichen Krankenversicherung und erleben, dass unser Markt noch viel Potential hat. Seit der Gründung des Unternehmens hat es noch kein einziges Jahr der Stagnation gegeben. Im Gegenteil, wir wachsen weiter und bestätigen damit, dass unser Geschäftsmodell gut angenommen wird.
Was waren aus Ihrer Sicht die wesentlichen Herausforderungen der hc:VISION in dieser Zeit?
Volker Keim: Die ersten zehn Jahre waren vor allem durch drei Phasen geprägt: in der Aufbauphase ging es darum, möglichst schnell vom improvisierten Arbeiten eines typischen Startups hin zu festen Strukturen und Prozessen auf allen Ebenen zu kommen. Das betrifft die Softwareentwicklung ebenso, wie Neukundengewinnung, den Kundenservice und die allgemeinen betriebswirtschaftlichen Themen. In der zweiten Phase lag unser Augenmerk auf der Stabilisierung des Unternehmens. Dazu gehörten diverse organisatorische, personelle und strukturelle Anpassungen. Aktuell stellen wir uns auf die sich immer schneller werdenden Rahmenbedingungen ein, die die Digitalisierung mit sich bringt. Anders ausgedrückt: der Wandel zum umfassend agilen IT-Dienstleister ist eine Herausforderung, die uns in Zukunft dauerhaft begleiten wird.
In all diesen Phasen gab und gibt es eine weitere übergeordnete Herausforderung: Personalaufbau mit Augenmaß unter Berücksichtigung unserer hohen Qualitätsstandards.
Was waren und sind die wesentlichen Erfolgsfaktoren der hc:VISION?
Volker Keim: Ich glaube, dass die Antwort auf diese Frage vor allem folgende Elemente enthält: Flexibilität, Agilität und die Kombination aus Schnelligkeit und Qualität! Als kleines mittelständisch geprägtes IT-Unternehmen mit flachen Hierarchien und schnellen Entscheidungswegen können wir meist sehr zeitnah auf die Wünsche unserer Kunden und Partner reagieren, was diese übrigens sehr zu schätzen wissen.
Natürlich helfen uns unsere modernen und sehr anpassungsfähigen Lösungswelten INTRACON:kv und INTRACON:bk dabei sehr.
Was muss die hc:VISION tun, um weiterhin erfolgreich zu sein?
Volker Keim: Es muss uns gelingen, immer am Puls der Zeit zu sein. Dazu müssen wir beispielsweise jederzeit die wichtigsten technologischen Trends kennen – und, wo immer es im Sinne unserer Kunden Sinn macht, diese nutzen. Wir müssen uns als permanent lernendes Unternehmen immer wieder neu erfinden und dafür sorgen, flexibel und schnell zu bleiben. Last but not least sollte es für uns als Unternehmen selbstverständlich sein, in unserem Markt eine technologische Vorreiterrolle zu spielen.
Sie legen großen Wert auf einen ständigen Blick „über den Tellerrand“. Deshalb sind Sie u.a. auch regelmäßig Gast auf der internationalen Entwicklerkonferenz von Microsoft in den USA. Welche zentralen IT-Trends nehmen Sie für die nächsten Jahre wahr?
Volker Keim: Ich nehme drei Dinge wahr: Cloud, Cloud und noch einmal Cloud! Das ist der eindeutige Megatrend aktuell und für die nächsten Jahre. Für Deutschland erwarte ich daher in den nächsten Jahren spannende Diskussionen, weil die engen Datenschutzbestimmungen hier zugleich für erhebliche Restriktionen sorgen. Wer aber eine moderne eHealth-Landschaft möchte, der braucht dazu pragmatische und zugleich sichere Lösungsszenarien. Der Erfolg der elektronischen Patientenakte hängt davon m.E. unmittelbar ab.
Ein weiteres Thema sind „verteilte“ Anwendungen, oder auch Microservices, die dafür sorgen, dass kundenindividuelle Lösungen viel schneller und flexibler zur Verfügung gestellt werden können als früher. So benötigen Kundenanwendungen beispielsweise künftig nicht mehr zwingend auch die dazu gehörende GUI. Neue Anwendungen können künftig viel einfacher in bestehende Landschaften integriert werden. Vereinfacht ausgedrückt: Software erreicht einen bislang nicht gekannten Grad an Flexibilität.
Zurück nach Deutschland. Was sind nach Ihrer Einschätzung die wichtigsten IT-Trends für die Krankenversicherung – worauf müssen sich die Kassen besonders einstellen?
Volker Keim: Ich bin davon überzeugt, dass die Digitalisierung vor allem den Kundenservice auf der Seite der Krankenkassen revolutionieren wird! Dabei sollten die Kassen allerdings sehr sensibel vorgehen und nicht das Kind mit dem Bade ausschütten. Digitalisierung wird nur dann zur Stärkung des Unternehmens beitragen, wenn die entsprechenden Lösungen von den Kunden als echter Mehrwert wahrgenommen werden. Technik als Selbstzweck dürfte dagegen von den Kunden kaum als Bereicherung wahrgenommen werden. Daher sind kluge Prozesse und smarte Service-Ideen auch künftig von höchster Wichtigkeit. Lassen Sie mich dazu zwei Beispiele nennen: bei der Einführung digitaler Lösungen und Strategien sollte nicht nur geschaut werden, was vielleicht aus kasseninterner Perspektive sinnvoll ist. Vielmehr sollte immer die Perspektive der Kunden eingenommen werden. Und da ist die Frage schlicht, wie kann die Interaktion mit der Kasse möglichst einfach und flexibel gestaltet werden? Welche Services bringen den Kunden und Versicherten einen echten und nachhaltigen Mehrwert? Es geht also vor allem um die Etablierung eines echten digitalen Mehrwerts aus Kundensicht.
Zweites Beispiel: Derzeit ist die sogenannte Dunkelverarbeitung ein wichtiges Thema auf Seiten der Kassen. Aber auch hier gilt das, was ich eben schon gesagt habe: auch Dunkelverarbeitung ist kein Selbstzweck. Der Prozess sollte immer auch aus der Kundenperspektive betrachtet- und so aufgesetzt werden, dass er einen Mehrwert für den Kunden bedeutet.
Was ich sehe und sehr begrüße ist, dass immer mehr Krankenkassen sich intensiv mit der Digitalisierung beschäftigen und sich die Frage stellen, wie die Technologie ihnen einerseits hilft, als Unternehmen moderner zu werden und dabei andererseits mögliche Verbesserung der Kundenservices und der Kundenkommunikation in den Mittelpunkt rücken. Diese Kassen wollen aktiver Vorreiter in einer Welt des digitalen Wandels werden; sie wollen agieren und nicht reagieren.
Und wie ist Ihre Einschätzung für das Gesundheitswesen insgesamt? Welchen Einfluss haben IT und Digitalisierung in den nächsten 10 bis 15 Jahren?
Volker Keim: Schon heute ist das Gesundheitswesen ohne IT/Digitalisierung nicht mehr denkbar. Künstliche Intelligenz beispielsweise wird die Diagnostik und Therapie in einem Maße verändern, wie wir es uns derzeit kaum vorstellen können. Hinzu kommt der Druck auf alle Beteiligten, bestimmte neue Behandlungsmethoden zeitnah einzuführen – und damit zu finanzieren – die per Schwarmintelligenz über die sozialen Medien aufgebaut werden. Nicht nur die Geschwindigkeit, in der neue Behandlungsoptionen entstehen, wird rasant zunehmen, sondern auch die Geschwindigkeit, in der das Wissen über diese Möglichkeiten weitergegeben wird. Das wird zugleich auch den Entscheidungsdruck auf die Gesundheitspolitik deutlich erhöhen. Ich habe meine Zweifel, ob die aktuellen Entscheidungsstrukturen bei allen Beteiligten geeignet sind, hier mitzuhalten. Aber das wäre ein ganz eigenes Thema…
Ich bin außerdem sehr gespannt, welche Folgen das Digitale-Versorgung-Gesetz, das ja gerne auch als „App auf Rezept“ Gesetz bezeichnet wird, haben wird. Vielleicht erleben wir, dass hier ein ganz neuer digitaler Leistungsbereich entsteht.
Auf alle Fälle ist m.E. jetzt schon zu erkennen, dass die Digitalisierung auch dazu führen wird, dass die Rollen der beteiligten Player im Gesundheitswesen zumindest teilweise neu zu definieren sein werden. Wenn ich beispielsweise auf unseren Kernmarkt, also die gesetzlichen Krankenkassen, schaue, dann ist die Vermutung naheliegend, dass sich hier in einer immer unübersichtlicher werdenden Leistungswelt die Rolle eines modernen Versicherungsmaklers für ihre Kunden herauskristallisiert. Sozusagen ein „Trivago“ für die eigenen Versicherten.
Was bedeutet das konkret für die hc:VISION? Wo setzen Sie in den nächsten Jahren ihre Schwerpunkte?
Volker Keim: Wir glauben, dass die Dienstleistungsorientierung der Kassen weiter an Bedeutung gewinnt. Unser Fokus liegt daher in den nächsten Jahren darauf, Lösungen weiter und neu zu entwickeln, die aus Sicht der Kassen einen echten Mehrwert in der Kundeninteraktion bieten. Das betrifft vor allem die bessere, schnellere, einfachere und sicherere Kommunikation an allen möglichen Kontaktkanälen. Dazu gehört beispielsweise das Thema Kunden-App als echte und vollintegrierte Kommunikationsplattform ebenso wie die moderne Online-Geschäftsstelle. Dabei denken wir immer in umfassender Kundeninteraktion, sprich wir sind uns bewusst, dass chronisch und akut kranke Versicherte durchaus auch andere Formen der Ansprache und Kommunikation brauchen, als gesunde Kunden, die vielleicht einfach nur gerne Informationen zur Familienversicherung benötigen.
Modernes Gesundheitsmanagement der Kassen wird mehr und mehr auch datengetrieben sein. Und hier haben die Kassen einen echten Schatz, den es zu heben gilt: die enormen Daten, die den Kassen zur Verfügung stehen. Hier gilt es – natürlich unter besonderer Beachtung des Datenschutzes – künftig ein modernes, sehr zielgerichtetes Versorgungsmanagement zu organisieren. Modernes Datamining kann die Kassen dabei unterstützen, sich zu einem echten Gesundheitsorganisator zu entwickeln. Diese Rolle passt übrigens hervorragend zu der von mir eben skizzierten Ausrichtung des Maklers im Gesundheitswesen. Dazu wollen wir durchaus unseren Beitrag leisten. Mit anderen Worten: unsere Lösungen sollen den Kassen helfen, sich zu einer echten HealthCare Relationship Management Organisation in der digitalen Welt zu entwickeln.
Last but not least – wo wird die hc:VISION in 10 Jahren stehen?
Volker Keim: Ich sehe uns mehr und mehr als technologischen Brainpool und als Innovationsschmiede. Dabei liegt die zentrale Herausforderung für uns darin, die erreichte hohe Qualität in den Lösungen und Dienstleistungen nicht nur zu erhalten, sondern sukzessive weiter auszubauen. Wir müssen nachhaltiges Wachstum und Agilität miteinander verbinden und sicherstellen, dass der Wille zur permanenten Weiterentwicklung auch in zehn Jahren noch fester Bestandteil unserer Unternehmens-DNA ist.
Wir verstehen uns heute schon als DEN Prozessoptimierer in einer Kasse. Allerdings sind wir mit unseren Lösungen noch nicht „direkt“ bei den Kunden der Kassen. Mit unseren App-Bausteinen und den Modulen für digitale Geschäftsstellen wird sich das ebenfalls ändern.
Ich glaube, wir haben gute Gründe, uns auf die nächsten zehn Jahre zu freuen!